Hobby-Archäologe oder echter Wissenschaftler?

Vor Kurzem wurde über eine Entdeckung berichtet, deren Entstehungshintergrund die Thesen eines wissenschaftlichen Individualismus hervorragend bestätigen. Viele haben wahrscheinlich schon von den Höhlenmalereien von Lascaux und Altamira gehört. Jetzt scheint sich zu zeigen, dass die Malereien nicht das Wesentliche darstellen, sondern in Ihnen schriftliche Codierungen enthalten sind. In der Codierung wäre gegeben, wann Geburts- und Paarungszeiten von Tierarten nach Maßgabe der Mondphasen stattfinden, so dass sich andere Jäger hieran orientieren konnten. Dies würde darauf hinweisen, dass Schriftsysteme schon mindestens 10.000 Jahre früher entstanden sind, als bisher angenommen. Dem Briten Bennet Bacon ist diese wissenschaftliche Erkenntnis zu verdanken, der von seinem Beruf her Möbelrestaurator ist. Er wandte sich mit seiner hart erarbeiteten Erkenntnis an Wissenschaftler der Universität, mit denen er dann zusammen an der Erforschung des Codierungssystems arbeitete und einen Artikel im Cambridge Archaeological Journal veröffentlichte (https://www.cambridge.org/core/journals/cambridge-archaeological-journal/article/an-upper-palaeolithic-protowriting-system-and-phenological-calendar/6F2AD8A705888F2226FE857840B4FE19). Misslich ist allerdings nur, dass in der allgemeinen Berichterstattung eine statische Unterscheidung zwischen den "Fachmännern" und "richtigen Wissenschaftlern" der Universität und dem Laien und Hobby-Archäologen Ben(net) Bacon gemacht wird (z.B. Stern: https://www.stern.de/panorama/wissen/eiszeit--hobby-archaeologe-entschluesselt-schriftsystem-33075510.html oder SWR3: https://www.swr3.de/aktuell/nachrichten/steinzeit-hoehlenmalereien-zeichen-entziffert-100.html). Letztlich hat dieser genau das gemacht, was Wissenschaft bedeutet. Mit Herzblut und vielen Arbeitsstunden ist er einer Vermutung nachgegangen und hat diese mit einer eleganten Idee in Verbindung gebracht. Einen solch genialischen Wurf, basierend auf einer hervorragenden wissenschaftlichen Intuition, als Laienwerk zu klassifizieren, wird dem Werk dieser Person nicht gerecht. Letztlich musste Bennet sich wegen fehlender Ressourcen an die entsprechende Institution wenden, aber nichsdestotrotz war es seine wissenschaftliche Arbeit, die für diesen Durchbruch sorgte. Insofern gilt Ben Bennet natürlich hier als exzellenter Vertreter einer extra-institutionellen Wissenschaft und zeigt, wie diese eben gemacht werden und welche wissenschaftlichen Schätze man mit dieser noch haben kann :-)