Jeder, der eine Zeit im akademischen Milieu zugebracht hat, kann es gar nicht vermeiden, dass mit der Zeit in ihm eine Form intuitiver Typisierung vollzogen wird. Zu stereotyp, zu systematisch, zu stromlinienförmig erscheint das Treiben auf dem akademischen Markt der Eitelkeiten. Es hieße folglich dem eigenen Geist Gewalt antun, wenn man diese Absonderlichkeiten nicht bildlich fassen wollte und sie so ihren Besitzern zur Besserung zu Gute kommen lassen würde. Vielleicht wäre das Ross, für das die Herrschaften und Damen der Akademie ihre burgeoise Eselei halten, dann nicht ganz so hoch.

Die hier vorgeschlagenen Typen werden wahrscheinlich noch einmal verändert. Es sind diejenigen, die mir über 10 Jahre lang leidlich eingeprägt wurden und die m.E. gerade Universität und Hochschule dominieren (erstellt mit https://avatarmaker.com/; das Bild "Adornis" ist von Kaysn auf https://www.toonsup.com/en/cartoon/adornis.html).


Der akademische Gutsherr

Noch immer der Klassiker an den Universitäten. Außerhalb der Uni-Bubble ist er nichts, in ihr ist er vermeintlich alles. Hier hat er immer recht und befehligt gewissenhaft seine Untergebenen, d.h. die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Studenten. Zu einer wirklichen Beziehung von Ich und Du wird es mit ihm niemals kommen, im SInne Bubers ist ihm alles Es. Nur so zum Vergnügen baut er Sprachbarrieren auf, um von der oberen Symbolebene auf diejenigen, die sich abmühen, sie zu erklimmen, zu spucken. Seine größte Widersacherin, die ihn mit der Zeit wohl auch aus dem universitären Biotop verdrängen wird, ist im Grunde sein weibliches Pendant, hat aber den aktuellen Leistungsvorteil, ohne männliches Genital den akademischen Weg beschritten zu haben - die Karrieristin im Kostüm.


Die Karrieristin im Kostüm

Erstmals tauchten sie in meiner Wahrnehmung Anfang der 2010er Jahre auf. Seminare und Vorträge werden immer im schicken Kostümchen gehalten, das Symbol ihrer Souveränität. Souverän bedeutet hier: Sie gibt den Takt vor, erlaubt keinen Widerspruch, bewertet werden immer nur andere, aber nicht sie. Sie liebt Checklisten und war die erste, die damalige und akteulle Reglementierungen durch die Bologna-Reformen, wie z.B. Anwesenheitskontrollen, ohne Notwendigkeit radikal durchführte. Ab und an mimt sie die Sympathische, dies aber nur, wenn sie sich einen Gewinn im Sinne des Netzwerkens verspricht. Im Gegensatz zur früheren Professorinnen (das wird dieser Typus heute mit Sicherheit) hat sie meist Kinder mit einem Mann in hoher Stellung, um zu zeigen, dass sie Beruf und Privates als starke Frau vereinen kann. Diese sind aber relatives Beiwerk - Rufe an die Universität hört sie wahrscheinlicher, als die ihrer kranken Kinder. Aber wofür hat man Au-pair-Mädchen, von denen die Kinder noch eine Sprache als Marktvorteil lernen können?


Der nette und irrelevante Fachbürokrat

Dieser Typus erlangt meist nur die Professur, weil der Gutsherr und die Karrieristin ihn als Schachfigur für eigene Zwecke verwenden wollen. Brav hält er sich an alle Formalia und stimmt für das, was die Alpha-Professoren von ihm möchten. Er macht eine solide Forschung, besticht aber durch Innovationslosigkeit und verströmt in Veröffentlichungen und Seminaren vor allem eines - Langeweile. Findet er aus o.g. strategischen Gründen keine Professur, ist er meist für die gesamte berufliche Laufbahn der Lakai im Mittelbau oder in Projekten und bleibt hier für alle sichtbar parasitär mit einem Alpha-Professor verbunden. Er besticht vor allem durch seine völlige Austauschbarkeit im System, die in einer grundlegenden Haltungslosigkeit wurzelt.


Die proaktive Arbeiterbiene

Sie tauchen meist in Scharen auf, ganze Lehrstühle werden von ihnen als Hilfskräfte überrannt. Ähnlich innovationslos wie der Fachbürokrat dienen sie aber aufgrund ihres Fleißes als hervorragende Datenverarbeitungsgehilfen. Ein richtiges Ziel hat dieser Typus eigentlich nicht. Für den Broterwerb braucht er nicht eine höhere Stufe der Akademie zu erreichen, die Eltern sorgen gut für ihr bürgerliches Streberkind, vielmehr geht es, wie in der Schule rein darum, gegenüber anderen gefühlte Klassenbeste zu sein. Promovieren gehört deshalb noch dazu, hier strapazieren sie mit reproduktiven und sinnfrei kleinteiligen Doktorarbeiten die Lehrstuhlkapazitäten. Alpha-Professoren mögen diesen Typus aber genau deswegen: weil er ihnen mit seiner Willigkeit etliche Posterpräsentationen und Vortragstätigkeiten garantiert (auch wenn sie selbst nimmer dort gesehen waren) und in Doktorarbeiten gerade aufgrund der Geistlosigkeit und Unselbstständigkeit ungewollte Felder beackern hilft. Deshalb ist aber nach der Promotion meist auch Schluss. Wenn sich die Arbeiterbiene anschickt, auch gegenüber dem Gutsherren oder der Karrieristin die Klassenbeste zu werden, verliert sie sehr zügig ihre gegönnten Privilegien... was ihr aber nichts ausmacht, weil sie dann noch, meist wie ihre Eltern, Lehrerin wird. 


Der hippe Exzellenzcluster-Boy

"Jedem Tierchen sein Pläsierchen", fasst ganz gut, was dieser Typus den Alpha-Professoren bedeutet. Ein wenig nimmt er die Funktion eines modernen Hofnarrs ein. Er erfreut mit seiner durchaus vorhandenen Intelligenz die Professorenschaft, ist aber dabei immer so "funny", dass er nicht als Gefahr angesehen wird. Als Paradiesvögelchen darf er herhalten, wenn es um das eigene Lehrstuhlimage geht. Deshalb bekommt er auch im Gegensatz zum regulären Mittelbau sämtliche Flüge für Vorträge bezahlt. Ansonsten ist er aber wenig zu sehen, da er keine Seminare anbieten muss oder sich sonst die Hände dreckig macht. Deshalb ist er meist gut gelaunt und sein Selbstbewusstsein als Sohn aus gutbetuchtem Hause wächst und wächst. Aber auch dies macht er nicht öffentlich, sondern ist total pro sozial eingestellt, crazy kreativ aktiv, mit vielen bunten Tattoos und different hairstyle, die betonen sollen, wie ganz anders er im Hochschulbetrieb ist. Diese Masche wirkt leider: Genau diese Vögel flattern gerade munter in die obere Etage. Kein Wunder, mussten sie doch im Gegensatz zu vielen hart Arbeitenden und Ausgenutzten im Mittelbau niemals auch nur eine Feder lassen.


Die woke Dogmatikerin

Dieser Typus schwimmt gerade in Geistes- und Gesellschaftswissenschaften extrem oben, weil er die Fähigkeit besitzt, feigen bürgerlichen Mainstream als revolutionäres Gedankengut umzumünzen und diesen Taschenspielertrick auch noch selbst zu glauben. Nachhaltigkeit, Gender-Gap, Rassismus, das alles dann irgendwie durcheinandergemixt - selbst offensichtlichsten Antisemitismus bekommt er noch zusammengedacht mit Nachhaltigkeit oder Queer-Gefasel. Im Grunde ist dieser Typus die Tarot-Kartenlegerin der heutigen "Wissenschaft": Ein Set an esoterischen Grundannahmen wird gezogen und hieraus das sogenannte wissenschaftliche Wissen konstruiert. Es ist der absolute Glaube an die Grundbedingungen dieses Spiels bzw. dieses Verfahrens, der diesen Typus so zielorientiert, aber auch so gefährlich macht. Zudem kuschen wegen seiner Kompatibilität zum Zeitgeist und seiner Aggressivität selbst Alpha-Professoren vor ihm. Universitäten in den USA, aber auch bei uns, zeigen gerade in ihrem Versagen, islamischen Antisemitismus als solchen auszuweisen und zu verurteilen, wie sehr sie vor Wokeness kapituliert haben. Glorreiche Zeiten an der Akademie warten auf die Lastenfahrrad-fahrenden, Rolltop-Rucksack-tragenden, vegan Essenden mit Pony-Frisur, für die es keine Wahrheit gibt, die ihrer Meinung nach aber dennoch alles wissen.