Ich habe schon häufig darauf hingewiesen, dass der moralische Kompass an Universiäten eine sehr merkwürdige Kalibrierung aufweist. So z.B. in Bezug auf das Gendern oder die Klimaproteste. Das Muster, dem der universitäre Mainstream hier folgt, ist relativ simpel: Strömungen, die von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt werden, finden ihre Unterstützung an der Universität und werden dort in die Lehre eingebunden und proaktiv unterstützt (dies vor allem in Geistes- und Sozialwissenschaften). Das Universitätspersonal nimmt hier das Recht für sich in Anspruch, monoman die von ihm getragene Anschauung in der Lehre durchzusetzen. So z.B. beim Gendern als formale Vorgaben für die Benotungen oder in undifferenzierter Lehre (z.B. in den Sozialwissenschaften die Lehre vom globalen Norden und Süden, das immer auf Kolonialismus zurückgeführt wird). Die Aufgabe der Universität, Pluralität in Forschung und Lehre kritisch abzubilden, zu diskutieren und zu praktizieren, findet insofern schon lange nicht mehr statt. Da Gutachter für prominente Fachzeitschriften oder für Forschungsgeldvergabe wiederum aus der eigenen Forschungsgemeinschaft heraus rekrutiert werden, bildet sich hier relativ leicht Forschungslobbys mit quasi-mafiösen Strukturen. Wer von dem "Konsens der Wissenschaft" (nach Karl Lauterbach) abweicht, wird entsprechend schnell aussortiert, da er sich in Publikations-, Vortrags- und Forschungsgeldakquise vor unüberwindbare Hürden gestellt sieht. Dies ist keine populistische Beschreibung - jeder, der einen Moment in universitären Gefilden gearbeitet hat, hat diese Mechanismen der Macht kennengelernt.
Kritik am Konsens bedeutet entsprechend Kritik an der Macht, die wie gehabt, in der Anschauungshoheit besteht. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass das universitäre Lehrpersonal sehr nervös in Wallung kommt, wenn diese exklusiven Anschauungen in den gesellschaftlichen Fokus geraten und somit der Kritik ausgesetzt weden. Deshalb kann es sich kaum zurückhalten, wenn das Gendern angegriffen wird und reagiert sofort mit offenen Briefen, während kaum Interesse an Problemen der Mehrheitsgesellschaft besteht. Auf Kritik wird dann meist auf einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit hin argumentiert und sich als Opfer einer autoritären Gewalt geriert, obwohl man doch vorher der Urheber und Apologet einer nicht mehrheitsfähigen Anschauung war und diese gegen jeden Widerstand durchsetzen wollte.
So nun auch mit dem offenen Brief der Lehrenden an Berliner Universitäten (LINK). Während jüdische und israelische Studierende an Universitäten (und
auch ansonsten im öffentlichen Leben) blanke Angst vor Anfeindungen und Gewalt haben müssen, stellte sich das Lehrpersonal auf die Seite einer Masse, die hier den klaren, lauten und zum Teil
antisemitischen "Konsens" auf dem Campus bilden. Waren Monate Zeit gewesen, sich mit der real angefeindeten Minderheit zu solidarisieren und sie zu schützen, so kommt nun, nachdem die Polizei auf
dem Campus aktiv wurde und klar antisemitische Aktivisten entfernten, der Ruf danach, Studierende "zu schützen und sie in keinem Fall Polizeigewalt auszuliefern." Schnell schiebt man
eine Legitimation für die Proteste der Studierenden nach, in dem man auf den Angriff auf Rafah verweist und damit einseitig Israel als protestwürdig insinuiert.
Es gab bekanntlich zum Glück viel Gegewind für das Lehrpersonal, aber hier kommen wieder o.g. Mechanismen ins Spiel. Wieder sei die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr, weil der Machtanspruch der universitären Apologeten abgeschmettert wurde. Man beachte aber: es war ein offener Brief, eine Meinung, wenn man so will, und keine Publikation oder Lehre.
Worauf bezieht sich aber dieser Machtanspruch des Lehrpersonals diesmal? Die jungen (und sehr naiven) Studierenden stellen m.E. nur den verlängerten Arm einer universitären Lehre dar, für die der westliche Wertekanon das Feindbild schlechthin ist. Rationalität, Vernunft, Menschenrechte sind nach dieser nur Konstrukte des alten weißen Mannes, der die Welt kolonialisieren möchte (Stichwort: post-colonial theory, aber auf queer-theory etc.). Willfährig wirft man sich deshalb in aller Irrationalität dem in die Arme, was diese westlichen Werte brutal ablehnt und bekämpft: dem menschenverachtenden Islamismus.
DIe Liäson von Akademikern mit dieser islamischen Barbarei wird immer noch heruntergespielt, aber wir befinden uns an einem gesellschaftlichen Kipppunkt. Längst sind Medien und
Bildungsinstitutionen wie die Universität zu großen Teilen von Menschen unterwandert, die bei der Grundentscheidung westlicher Individualismus / moralischer Universalismus gegen Gottesstaat und
Religionsdikatur letztere als legitime oder gar präferierte Option ansehen. Etwas, was man wollte und beförderte - die Herkunft wurde zu einer identitätstheoretisch protegierten Eintrittskarte
für den Wissenschaftsbetrieb, nicht das wissenschaftliche Profil selbst.
Diese Feinde der westlichen Aufklärung und versteckten Meinungstreiber gehören dringendst ins Licht der gesellschaftlichen Diskussion gezogen und wir können froh sein, dass es den offenen Brief gab - es war ein erster Schritt der Selbstoffenbarung korrumpierter Wissenschftler.